Als ich meine Bewerbung für meinen Frewilligendienst fertig
gemacht habe, war mir klar, dass ich definitiv mit Abschied konfrontiert werden
würde. Der Abschied von Freunden, Familie. Abschied von Deutschland, der
Ordnung, dem Essen. Ich habe mich damit getröstet, dass es nur ein einmaliger
Abschied sein wird und außerdem werde ich ja nach einem Jahr zurückkommen.
Das Thema Abschied ist für mich nicht nur einmalig.
Der Abschied geht weiter. Kurz nach unserer Ankunft musste
ich mich schon von Poonam verabschieden, einem kleinen Mädchen mit einem süßen
Mondgesicht. Sie war nur kurz im BSSK und wurde von ihren Großeltern
aufgenommen, nachdem ihre Mutter sie ins Heim gebracht hat.
Dieser Abschied war nicht so schmerzhaft, denn ich weiß,
dass Poonam es jetzt besser hat, als in dem besten Kinderheim der Welt (=BSSK
Sangli). Genauso verhält es sich mit den Adoptionen. Das Heim kann niemals die Liebe und Geborgenheit von Eltern und einem zu Hause geben können.
Babies werden schnell „wegadoptiert“,
zu ihnen baue ich keine enge Bindung auf. Aber bei der Adoption älterer Kinder ist
das nicht so leicht. Vor ca. einem Monat wurde die große Gauri adoptiert. Zu
ihr hatte ich eine enge Bindung und doch habe ich mich neben der Traurigkeit,
die nun mal da ist, sehr für sie gefreut.
Der schlimmste Abschied war bisher für mich der von Yogita.
Das BSSK muss Kinder, die das sechste Lebensjahr erreichen in eine andere
Institution geben. Yogita hat keine Chance auf eine Adoption, da sie HIV
positiv ist und ihre Lebenserwartung bei maximal 20 Jahren liegt. Oft haben wir
Ujjwala gefragt, wie viel Zeit Yogita noch im BSSK bliebe und jedesmal
antwortete sie, dass sie nach einem guten Heim suchen. Eines Tages war es ganz
plötzlich soweit. Ujjwala hat niemandem etwas gesagt, damit Yogita bis zum Schluss
normal behandelt wird. „Nach dem Mittagessen bringen wir Yogita weg.“. Der
Schock saß tief, bei allen. Nur Yogita freute sich, suchte ihre
Lieblingskleider zusammen, nahm ihr Lieblingsspielzeug und verabschiedete sich
von den Kindern. Ich kannte Yogita gerade mal drei Monate und hatte Tränen in
den Augen. Die Aias und Socialworker kannten sie jedoch von Geburt an. Ich kann
mir nicht vorstellen, wie schrecklich das für sie gewesen sein muss. Yogita war
verwirrt, dass an ihrem Glückstag alle mit den Tränen kämpften und niemand sich
zu freuen schien.
Bald darauf folgte schon wieder ein großer Abschied. Father
Sibichen Joseph wurde versetzt. Er gehört zur Sangli Mission Society, zur
welcher wiederum die Schule gehört. In der Schule wurde eine Feier
veranstaltet, alle Schüler haben selbstgebastelte Geschenke mitgebracht und
fast alle Lehrer hielten eine kurze Rede. Father Joseph war sehr beliebt und so
war es nicht verwunderlich, dass alle weinten. Alle außer mir. Ich kannte ihn
halt noch nicht so lange!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen