Sonntag, 8. September 2013

Endlich arbeiten!

Heute war mein erster richtige Tag in meiner Einrichtung „Ashadeep Special School“. Ich hab mich wahnsinnig darüber gefreut, denn Struktur und ein Alltag haben mir die letzten Tage gefehlt und ich hoffe, dass ich mich so weniger verloren fühlen werde. 

Hier erst ein Überblick über die letzte Woche: Am Montag hat Corinna, unsere Mentorin, mich und Isabell in den Bus nach Sangli gesetzt. Hier wurden wir von Ujjwala und einem sehr leckeren, indischen Abendessen empfangen. Die Wohnung ist groß und schön, wir haben uns mittlerweile entschieden diese das ganze Jahr zu teilen. Zwischendurch bin ich ein wenig krank geworden, aber das ist ja ganz normal für Indien Aber zurück zu meinem ersten Arbeitstag in der Special School:

Info: Die Ashadeep Special School ist eine Schule für Kinder mit geistiger und manchmal auch körperlicher Behinderung. Eine Besonderheit ist die Klasse extra für Kinder mit Autismus.

Das erste Mal war ich am Mittwoch in der Schule, leider ging es mir überhaupt nicht gut, denn mein Magen hat immer noch mit der Umstellung zu kämpfen. Obwohl alle super lieb waren, mir Blumen und wunderschöne Seide zum Schneidern eines Punjabidresses geschenkt worden sind, musste ich die Einrichtung nach 90 Minuten wieder verlassen. 


                              Meine Begrüßungsgeschenke: Stoff, Blumen und Schokolade :) 


Gestern habe ich mir dann den Tag freigenommen, um wieder komplett gesund zu werden und so kam es, dass ich dann heute topfit in der Schule ankam und wieder stürmisch begrüßt worden bin. Zunächst wurde ich von einer sehr jungen Lehrerin in ihre Klasse mitgenommen. Mir ist sofort aufgefallen, dass die Stimmung viel wärmer und herzlicher ist als in deutschen Schulen, obwohl die Klassenräume der Special School nur mit dem Nötigsten ausgestattet sind. Auch der Unterricht ist komplett anders strukturiert, was aber daran liegt, dass die Klassen nach dem IQ aufgeteilt sind: die Schüler bringen der Lehrerin ihre Hefte, diese macht dann ein Haken neben die Hausaufgaben und schreibt auf die nächste Seite eine Aufgabe für die Stunde (z.B. malt sie ein Schriftzeichen des Marathi, welches der Schüler dann abschreiben soll, bis die Seite voll ist.). Ich weiß nicht, ob ich das gut finden soll oder eher schlecht. Vielleicht macht sie das, weil die Aufgaben dann direkt auf dem individuellen Lernstand des Schülers sind oder sie macht es sich leicht, denn Verbesserungsvorschläge oder Korrekturen macht sie keine. Aber ich glaube, nach nur einem Tag ist es noch viel zu früh um das zu beurteilen.
Mitten in der Stunde holt mich dann ein Mädchen ins Büro der Direktorin, wo ich einen leckeren Chai genieße. Die Direktorin ist unglaublich neugierig und hat mich über meine Familie ausgefragt. Allgemein ist Familie das perfekte Smalltalkthema. Wie viele Geschwister hast du? Was macht dein Vater beruflich? Was macht deine Mama beruflich? Wie wohnt ihr? Wie viele Autos habt ihr? Bist du verheiratet? Mir tut es gut, viel über meine Familie und Freunde zu erzählen, dass lindert das Heimweh und ich bin super stolz wenn ich unser Familienfoto rumzeige, was ich in meinem Portemonnaie mit mir herum trage . Mit der Direktorin habe ich auch noch Stoff bemalt, den sie nähen lassen und dann verkaufen wollen. Später habe ich auch Briefumschläge beklebt und eine Maushi (= ältere Frau, die bei der Kindererziehung hilft) hat mir erklärt, dass es an der Schule bald ein Fest geben wird, an dem sie auch einen Flohmarkt veranstalten. Da freu ich mich jetzt schon riesig drauf!
Mittagessen hatte ich keines dabei, weil Ujjwala (die Chefin vom BSSK, dem Kinderheim, indem Isabell, meine Mitbewohnerin, arbeitet) meinte, ich bekäme Mittagessen im BSSK. Deshalb habe ich mich ein bisschen blöd gefühlt, aber meine neuen Kolleginnen haben mich super lieb aufgenommen und ich hab von jedem etwas abbekommen, sodass ich am Ende wahrscheinlich am Meisten gegessen habe. Die Frage „Ist das scharf?“ kann man sich übrigens sparen, denn die Antwort ist so gut wie immer Nein. Die Geschmacksknospen der Inder sind eben so abgebrannt, dass die das gar nicht mehr merken (können). 

Auch wenn ich heute nicht hart gearbeitet habe und die meiste Zeit nur zugesehen habe, bin ich echt kaputt. Die vielen Eindrücke, die Gerüche und unbekannten Geräusche, all das muss man echt verarbeiten. Abends kann ich nur ganz schwer einschlafen, weil ich nur am nachdenken und verarbeiten bin. Und auch um so einen Blogeintrag zu schreiben, muss man tatsächlich viel Kraft und Geduld aufbringen.

Ich werde euch weiter auf dem Laufenden halten, aber nicht mehr jetzt, denn ich wünsche mir nichts sehnlicher als mein schönes Bett (und getrocknete Tomaten).
Eure Nana

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