Heute war mein erster richtige Tag in
meiner Einrichtung „Ashadeep Special School“. Ich hab mich
wahnsinnig darüber gefreut, denn Struktur und ein Alltag haben
mir die letzten Tage gefehlt und ich hoffe, dass ich mich so weniger
verloren fühlen werde.
Hier erst ein Überblick über
die letzte Woche: Am Montag hat Corinna, unsere Mentorin, mich und
Isabell in den Bus nach Sangli gesetzt. Hier wurden wir von Ujjwala
und einem sehr leckeren, indischen Abendessen empfangen. Die Wohnung
ist groß und schön, wir haben uns mittlerweile entschieden
diese das ganze Jahr zu teilen. Zwischendurch bin ich ein wenig krank
geworden, aber das ist ja ganz normal für Indien
Aber zurück zu meinem ersten Arbeitstag in der Special School:
Info: Die Ashadeep Special School
ist eine Schule für Kinder mit geistiger und manchmal auch
körperlicher Behinderung. Eine Besonderheit ist die Klasse extra
für Kinder mit Autismus.
Das erste Mal war ich am Mittwoch in
der Schule, leider ging es mir überhaupt nicht gut, denn mein
Magen hat immer noch mit der Umstellung zu kämpfen. Obwohl alle
super lieb waren, mir Blumen und wunderschöne Seide zum
Schneidern eines Punjabidresses geschenkt worden sind, musste ich die
Einrichtung nach 90 Minuten wieder verlassen.
Meine Begrüßungsgeschenke: Stoff, Blumen und Schokolade :)
Gestern habe ich mir
dann den Tag freigenommen, um wieder komplett gesund zu werden und so
kam es, dass ich dann heute topfit in der Schule ankam und wieder
stürmisch begrüßt worden bin. Zunächst wurde ich
von einer sehr jungen Lehrerin in ihre Klasse mitgenommen. Mir ist
sofort aufgefallen, dass die Stimmung viel wärmer und herzlicher
ist als in deutschen Schulen, obwohl die Klassenräume der
Special School nur mit dem Nötigsten ausgestattet sind. Auch der
Unterricht ist komplett anders strukturiert, was aber daran liegt,
dass die Klassen nach dem IQ aufgeteilt sind: die Schüler
bringen der Lehrerin ihre Hefte, diese macht dann ein Haken neben die
Hausaufgaben und schreibt auf die nächste Seite eine Aufgabe für
die Stunde (z.B. malt sie ein Schriftzeichen des Marathi, welches der
Schüler dann abschreiben soll, bis die Seite voll ist.). Ich
weiß nicht, ob ich das gut finden soll oder eher schlecht.
Vielleicht macht sie das, weil die Aufgaben dann direkt auf dem
individuellen Lernstand des Schülers sind oder sie macht es sich
leicht, denn Verbesserungsvorschläge oder Korrekturen macht sie
keine. Aber ich glaube, nach nur einem Tag ist es noch viel zu früh
um das zu beurteilen.
Mitten in der Stunde holt mich dann ein
Mädchen ins Büro der Direktorin, wo ich einen leckeren Chai
genieße. Die Direktorin ist unglaublich neugierig und hat mich
über meine Familie ausgefragt. Allgemein ist Familie das
perfekte Smalltalkthema. Wie viele Geschwister hast du? Was macht
dein Vater beruflich? Was macht deine Mama beruflich? Wie wohnt ihr?
Wie viele Autos habt ihr? Bist du verheiratet? Mir tut es gut, viel
über meine Familie und Freunde zu erzählen, dass lindert
das Heimweh und ich bin super stolz wenn ich unser Familienfoto
rumzeige, was ich in meinem Portemonnaie mit mir herum trage .
Mit der Direktorin habe ich auch noch Stoff bemalt, den sie nähen
lassen und dann verkaufen wollen. Später habe ich auch
Briefumschläge beklebt und eine Maushi (= ältere Frau, die
bei der Kindererziehung hilft) hat mir erklärt, dass es an der
Schule bald ein Fest geben wird, an dem sie auch einen Flohmarkt
veranstalten. Da freu ich mich jetzt schon riesig drauf!
Mittagessen
hatte ich keines dabei, weil Ujjwala (die Chefin vom BSSK, dem
Kinderheim, indem Isabell, meine Mitbewohnerin, arbeitet) meinte, ich
bekäme Mittagessen im BSSK. Deshalb habe ich mich ein bisschen
blöd gefühlt, aber meine neuen Kolleginnen haben mich super
lieb aufgenommen und ich hab von jedem etwas abbekommen, sodass ich
am Ende wahrscheinlich am Meisten gegessen habe. Die Frage „Ist das
scharf?“ kann man sich übrigens sparen, denn die Antwort ist
so gut wie immer Nein. Die Geschmacksknospen der Inder sind eben so
abgebrannt, dass die das gar nicht mehr merken (können).
Auch wenn ich heute nicht hart
gearbeitet habe und die meiste Zeit nur zugesehen habe, bin ich echt
kaputt. Die vielen Eindrücke, die Gerüche und unbekannten
Geräusche, all das muss man echt verarbeiten. Abends kann ich
nur ganz schwer einschlafen, weil ich nur am nachdenken und
verarbeiten bin. Und auch um so einen Blogeintrag zu schreiben, muss
man tatsächlich viel Kraft und Geduld aufbringen.
Ich werde euch weiter auf dem Laufenden
halten, aber nicht mehr jetzt, denn ich wünsche mir nichts
sehnlicher als mein schönes Bett (und getrocknete Tomaten).
Eure Nana
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